In der Rautenstrauchgasse 4 wird eine Thewosan-Sanierung mit einem dreigestöckigen Dachgeschoßausbau in Holzbauweise vorgenommen.
„Wir erleben die Renaissance von Sanierung und Revitalisierung“
Hohe Grundstückspreise, Notwendigkeit zur Nachverdichtung und nicht zuletzt aktuelle und künftige Anforderungen an klima- und zukunftsfitte Gebäude rücken zwei Meisterdisziplinen der Baukunst wieder ins Zentrum: die Sanierung und Revitalisierung von Gebäuden. Die Neumayer Projektmanagement Team- und Projektleiter Ing. Martin Kienl und Ing. David Unterberger berichten aus umfassender Erfahrung erfolgreicher Sanierungs- und Revitalisierungsprojekte über aktuelle Entwicklungen.
1. Sanierung und Revitalisierung rücken wieder stärker in die öffentliche Wahrnehmung. Warum ist das so?
Martin Kienl: Vor allem die Energiekrise hat das Bewusstsein für Lebenszykluskosten von Gebäuden gesteigert. Die Zeiten billiger fossiler Energie kehren nicht zurück. Die Energieeffizienz von Gebäuden rückt vor dem Hintergrund hoher Energiepreise in den Vordergrund. Hinzu kommt der Klimawandel, der neue Lösungen der Bau- und Immobilienwirtschaft fordert und immer stärkeren Einfluss auf regulatorische Anforderungen nimmt. Auch aufgrund hoher Grundstückspreise und der Problematik der Bodenversiegelung ist die Sanierung bzw. Aufwertung vorhandener Infrastruktur nachhaltiger als der Neubau auf „grüner Wiese“. Wir erleben gerade die Renaissance von Sanierung und Revitalisierung.
David Unterberger: Zukunftsfitte Gebäude benötigen effiziente, nachhaltige Energiesysteme. Bei Bestandsgebäuden sind integrierte Lösungen gefordert. Es ist beispielsweise nicht zielführend, bei einem Gründerzeithaus lediglich das Heizsystem auszutauschen. Für langfristige Kosten- und Klimafortschritte müssen alle Potenziale genutzt werden. Hier kommt die thermisch-energetische Sanierung durch moderne Wärmedämmung zu tragen, am besten kombiniert mit weiteren Sanierungs- und Revitalisierungsmaßnahmen zur realwertsteigernden Verlängerung der Nutzungsdauer und Aufwertung eines Objekts. Das betrifft besonders Bauten der 1970er- und 1980er-Jahre und großteils aus Beton errichtete Gebäude. In innerstädtischen Lagen, die bautechnisch und logistisch viel Kompetenz und Erfahrung benötigen, gibt es bei Sanierungen großen Aufholbedarf. Wer nicht vorausschauend plant und investiert, spart langfristig teuer.
2. Wann macht eine Sanierung Sinn und wann ist ein Abbruch wirtschaftlich sinnvoller?
Martin Kienl: Abbruch und Neubau bieten natürlich architektonische Freiheiten und sind in vielen Fällen auch kostengünstiger. In der Praxis ist ein Abbruch jedoch oft nicht möglich, da Gebäude erhaltenswürdig oder sogar denkmalgeschützt sind. Gebäude sind auch Kulturgüter. Gerade die Wiener Gründerzeitgebäude und Zinshäuser vermitteln Geschichte und prägen das Stadtbild, das auch für nachfolgende Generationen bewahrt werden soll. Aus diesem Grund wird für den Denkmalschutz eines Gebäudes auch nicht berücksichtigt, wer es besitzt.
David Unterberger: Oft ist ein Abbruch auch deshalb nicht möglich, weil Wohnungen vermietet sind oder weil Wohnungseigentümergemeinschaften hierzu keine Einigkeit erzielen können. In solchen Fällen ist eine Sanierung bzw. Revitalisierung mit Dachgeschossausbau ein wirtschaftlich sinnvoller Weg. Öffentliche Fördergelder, etwa für Objekte in definierten Sanierungszielgebieten, für die Revitalisierung erhaltenswürdiger oder denkmalgeschützter Gebäude, für thermisch-energetische Sanierung oder den Umstieg auf effiziente, nachhaltige Heizsysteme sind eine sehr wichtige finanzielle Unterstützung. In all diesen Bereichen verfügt NPM über umfassende Kompetenz und Erfahrung.
© Fotos: Neumayer Projektmanagement
3. An welchen Kriterien für nachhaltige Sanierung orientiert sich NPM?
Martin Kienl: Im Sinne des Prinzips der Kreislaufwirtschaft folgen wir bei Sanierungsprojekten den Prinzipien Reduzieren, Wiederverwenden und Recycling. Durch bestmögliche Nutzung vorhandener Ressourcen, durch Steigerung der Effizienz von Gebäuden und mittels Verwendung ökologisch nachhaltiger Rohstoffe können klimaschädliche Emissionen am wirkungsvollsten reduziert werden. NPM sieht nachhaltiges und umweltfreundliches Bauen als große Chance für die gesamte Branche. Wir befassen uns deshalb laufend mit dem weiteren Kompetenzausbau zu den Themen Kreislaufwirtschaft, thermisch-energetische Sanierung und technische Gebäudeausstattung.
David Unterberger: Neue regulatorische Anforderungen, ökologische Bewertungskriterien und innovative Technologien bringen enorm viel Bewegung in den Sektor, auch bei Bau- und Rohstoffen sowie Bautechniken. So bieten etwa moderne Holz- bzw. Stahl-Holzkonstruktionen qualitativ hochwertige, bautechnisch sichere und vielfältige Anwendungsmöglichkeiten bei Bestandsgebäuden. Etwa zur Schaffung von zusätzlicher Nutzfläche durch Dachgeschossausbau. All diese Entwicklungen fordern Offenheit für neue Wege, die jedoch durch wirtschaftlich, sozial und ökologisch bessere Ergebnisse belohnt werden.
4. Wie gestaltet sich ein üblicher geförderter Sanierungsablauf und welche Projekte realisierte NPM in jüngerer Vergangenheit?
Martin Kienl: Bei geförderten Projekten steht am Beginn immer ein Sanierungskonzept. Nach erfolgreicher Abstimmung mit dem Auftraggeber erfolgt die Einreichung bei der Förderstelle. Besteht Klarheit zu Fördermöglichkeiten wird ein Vorprüfbericht erstellt und es erfolgt die Ausschreibung der Bauleistung. Am Ende, nach erfolgreicher Fertigstellung der Sanierung, wird der Schlussprüfbericht erstellt. Erfolgreiche Umsetzungen von NPM sind etwa die Wiener Wohnen-Wohnobjekte Obere Donaustraße, Wiens meistgesehenem Gemeindebau direkt am Donaukanal, und die Siedlung Hirschstetten. In der Skodagasse haben wir gemeinsam mit unseren Partnern das Projekt „The Masterpiece“ erfolgreich realisiert: eine Totalsanierung inklusive zweigeschossigem Dachgeschossausbau eines Gründerzeitgebäudes.
David Unterberger: In der Rautenstrauchgasse, im 11. Wiener Gemeindebezirk, haben wir eine Thewosan-Sanierung eines Gründerzeithauses mit einem dreistöckigen Dachgeschossausbau in Holzbauweise erfolgreich umgesetzt. Fassadenelemente blieben erhalten, die Nutzfläche wurde verdoppelt. In der Wiener Hütteldorfer Straße wiederum wurde ein Stiegenhaus auf den neuesten Stand moderner Anforderungen gebracht. In enger Abstimmung mit den Behörden wurde eine moderne Druck-Belüftungs-Anlage für Brandschutz sowie ein Aufzug eingebaut, die Fassadenbeschmückung saniert und mittels Dachgeschossausbau neue vermietbare Wohnfläche geschaffen. Als Besonderheit der Fassadensanierung wurde eine Statue des heiligen Florian von Hand restauriert.
© Fotos: Neumayer Projektmanagement /Alexander Müller
Eintrag: 11.05.2023